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Vertrauen in der bildung: Blockchain als Antwort?

«Guten Tag, vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich sehr, heute hier zu sein.

Ehrlich gesagt: Ich könnte mich sehr kurz halten mit diesem Referat. Und einfach sagen: Blockchain? Nein. Blockchain in der Bildung? Auch Nein. Das wäre mein Reflex. Mein Bauchgefühl sozusagen.

Ich könnte hier nun auch viele Blockchain-Witze bringen. Aber ich beschränke mich auf ein einziges Bonmot, weil es meines Erachtens einen wahren Kern enthält. Voilà: ‚Blockchain ist eine Lösung auf der Suche nach einem Problem.‘

Aber ich bin ja nicht als Stand-up Komödiantin hier, sondern als Ethikerin. Und als Ethikerin folge ich nicht meinem Bauchgefühl oder meinen persönlichen Präferenzen. Nein, meine Aufgabe ist es, Argumente abzuwägen – zu deliberieren – meine Haltung kritisch zu überprüfen.

Meine Haltung ist nicht unveränderlich, oder sollte ich sagen, sie ist nicht immutable? Und damit unterscheidet sich meine Funktionsweise schon mal deutlich von derjenigen der Blockchain.»

Wie um Himmels willen wende ich nun aber Ethik auf Blockchain an? Wie bringen wir die beiden Dinge zusammen? Nicht so einfach, denn:

«Der Gegenstand von Ethik ist alles, was wir mit unserem Handeln beeinflussen oder beeinflussen können. Das heisst: Ethik geht davon aus, dass wir für alles das verantwortlich sind, was sich ändern könnte, wenn wir uns anders verhalten würden.

Damit könnte ich eigentlich das Referat schon beenden. Denn ein Kerncharakteristikum der Blockchain ist ja ihre Unveränderlichkeit. Was auf der Blockchain steht, lässt sich nicht mehr von menschlichem Verhalten beeinflussen. Die Blockchain führt sich selber aus.

Man könnte fragen: Entzieht sich die Blockchain der Ethik? Bewegt sie sich ausserhalb des Einflussbereichs der Ethik? Das wäre meines Erachtens die totale Kapitulation. So leicht kommt sie mir nicht davon.

Denn im allerersten Schritt entscheiden ja immer wir Menschen darüber, wo wir überhaupt Blockchain einsetzen wollen und wo nicht. Die Blockchain ist keine Naturgewalt wie ein Erdbeben, sondern sie folgt einem sehr bewussten, von Menschen ausgeklügelten und geschaffenen Design. Und dieses Design ist ethisch begründungspflichtig genauso wie alles andere, was von Menschen geschaffen wird ethisch begründungspflichtig ist.»

Mit diesen Worten begann ich meinen Vortrag zum Thema «Blockchain in der Bildung – unter dem unveränderlichen Vorbehalt der Ethik» anlässlich der educa23. Im Weiteren thematisierte ich folgende Aspekte:

Was bedeutet die Blockchain inmitten des technologischen Fortschritts?

Der technologische Fortschritt ist rasanter denn je zuvor. So rasant dass uns allen schwindlig wird. Alles bewegt sich gefühlt in Lichtgeschwindigkeit.

Alles? Nein!

Inmitten des rasanten Wandels taucht eine Idee auf, die durch Unbeugsamkeit besticht. Voilà die Blockchain: die Garantin für Unveränderlichkeit in einer Welt, die in einer Flut von immer neuen, widersprüchlichen und zugleich hochgradig überflüssigen Informationen zu ertrinken droht.

Da wirkt der Gedanke, dass es einen Ort gibt, wo das, was einmal festgehalten wurde, für immer gilt, beruhigend. 

Welche Werte verkörpert die Blockchain?

Ideell betrachtet und in ihrer «Reinform» ist Blockchain eine Herausforderung.

Die Idee, dass

  • Unveränderbarkeit ein Wert an sich ist,
  • die Bereitschaft, der Software quasi-gesetzgeberische Qualitäten zu übertragen,
  • und das Streben nach einem Zustand, der ohne Vertrauen funktioniert

das alles sind Elemente, die schwer zu vereinen sind sowohl mit dem Bild eines kritisch denkenden, eigenverantwortlichen Menschen als auch mit dem Bild einer Gesellschaft, die nicht nur aus egoistischen Nutzenmaximierern besteht.

Ich ging dann auf die Frage von konkretem Nutzen von Blockchains in der Bildung ein. Und konnte sie nicht beantworten.

Zum Schluss gabe ich den Anwesenden folgende «Checkliste» mit:

Wenn Sie als Verantwortliche aus dem Bildungsbereich zum Schluss kommen,

  • dass Blockchain-Lösungen moralische Werte fördern, die Sie in Ihrer Mission vertreten.
  • wenn relevante Stakeholder-Interessen berücksichtigt wurden,
  • Und wenn Sie sich nicht überstürzt, sondern von mir aus wohlüberlegt, in eine Abhängigkeit von privatwirtschaftlichen Akteuren begeben

Dann machen Sie eine Blockchain. Dann haben Sie eine Lösung. Und das reale Problem, das Sie damit behandeln wollen, finden Sie sicher auch.

Dem Applaus und den Rückmeldungen nach zu beurteilen, traf ich den Nerv der Anwesenden. Beides war überwältigend.

Im Video zur Konferenz fasste ich meine Meinung wie folgt zusammen:

„Die Blockchain zeichnet sich dadurch aus, dass sie unveränderlich ist – also dass die Information, die dort gespeichert ist, nicht mehr verändert werden kann, und sie rühmt sich damit, dass sie ohne Vertrauen auskommt. Und ich frage mich, inwiefern der Bildungskontext ein Vertrauensproblem hat, das durch die Blockchain gelöst werden könnte.“

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