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Zwei Welten, keine Lösung: Digitales Chaos und analoge Grenzen

Digitalisierung sollte unser Leben einfacher machen. Doch was passiert, wenn sie stattdessen Frustration und Stillstand erzeugt? Vor kurzem war ich über längere Zeit in einem absurden Kreislauf gefangen, der genau das zeigte. Hier die Geschichte:

Der Anfang: ein nicht-kompatibler Monitor

Begonnen hatte es damit, dass ich bei einem grossen Schweizer Online-Händler einen externen Monitor für mein MacBook bestellt hatte. Beim Anschliessen stellte sich heraus: Er ist nicht Mac-kompatibel. Das stand nicht in der Produktbeschreibung. Ein technisch versierter Freund fand diese entscheidende Info erst in einer Spezifikation ausserhalb der Website des Händlers.

Mein Problem schilderte ich dem Händler ca. fünfmal: in Chats, E-Mails und einer Bewertung. Die erste Reaktion? Ich solle den nie benutzten Monitor selbst ins Samsung-Service-Center 50 km von Zürich entfernt bringen. Nach zähem Hin und Her durfte ich ihn schliesslich per Post zurücksenden.

Zuerst wollte ich das Paket bequem zu Hause abholen lassen. Doch dann erfuhr ich: Dafür müsste ich an einem bestimmten Tag ab 7 Uhr morgens verfügbar sein oder das Paket vor der Haustür deponieren – keine gute Idee in einer belebten Zürcher Nachbarschaft. Schweren Herzens entschied ich mich also, den Bildschirm eigenhändig zur Post zu bringen.

Als ich die Abholung durch die Post stornieren wollte, war dort allerdings nichts erfasst. Wieder verbrachte ich viel Zeit im Chat. Ich dachte mir: Gut, dann wird wohl auch niemand kommen.

Foto von Farzad auf Unsplash

Das digitale Chaos eskaliert

Zwei Tage später die Überraschung:

Die Post kündigte an, dass sie am nächsten Tag das Paket abholen komme, das ich längst zur Post gebracht hatte, und dessen Abholung nirgends erfasst war. Zehn Minuten später kündigte die Post eine Lieferung an, und zwar vom Online-Händler: Ein Ersatzgerät – ohne Bestellung, ohne Ankündigung vom Händler selber.

Nach unzähligen Minuten in Chats und am Telefon wurde klar, dass ich die Lieferung nicht stoppen konnte. So stand mir also ein Tag bevor, an dem die Post bei mir einen Monitor abholen wollte, den ich nicht hatte, und mir gleichzeitig einen Monitor liefern wollte, den ich nicht wollte. Ersteres konnte ich noch stoppen, zweiteres nicht.

Tatsächlich stand der Pöstler vor meiner Tür. Mit dem gleichen inkompatiblen Modell. Und zum ersten Mal in meinem Leben musste ich eine Annahme verweigern .

Die Ohnmacht in digitalen Prozessen

Nun zur Ohnmacht: In all meinen Nachrichten kommunizierte ich scheinbar mit realen Menschen. Doch niemand las meine Worte wirklich. Die Humans im Loop, sind Humans ohne Funktion, ohne Handlungsmacht, ohne Verantwortung. Alles wird von unsichtbaren automatisierten Prozessen gesteuert. Mitarbeitende, Kurierdienste und Kunden unterwerfen sich diesen und spielen sich wechselseitig Gegenstände zu, die niemand bestellt hat und niemand wirklich versteht.

Mani Matter hat in seinem Lied „Är isch vom Amt ufbotte gsy“ vor 50 Jahren beschrieben, wie jemand auf einem Amt verloren geht. Würde er noch leben, würde er wohl über die Online-Prozesse von grossen Händlern singen.

Im Laden: Echte Menschen, falsche Geräte

Nach dieser Erfahrung beschloss ich, persönlich in einen Elektronikmarkt zu gehen, wo ich garantiert von einem echten Menschen beraten würde und hoffentlich die Kompatibilität der Monitore mit meinem Computer testen könnte. In der Tat: vor mir stand ein freundlicher Mann aus Fleisch und Blut. Nur helfen konnte er mir nicht. Die vielen Geräte, die im Laden ausgestellt waren, seien leider nur Attrappen ohne Anschluss. Der Grund? Die echten Geräte würden regelmässig geklaut.

Was bleibt

Die Ohnmacht findet also sowohl digital als auch analog statt. Digital fehlen die Menschen, analog die Geräte. In beiden Welten sind die Menschen ohnmächtig. Was bleibt, ist das Gefühl, dass wir uns zwischen zwei unvollkommenen Welten entscheiden müssen. Digitalisierung sollte unser Leben erleichtern. Doch was bleibt, wenn wir am Ende weder Geräten noch Prozessen noch Menschen trauen können?